Viele Freiberufler fangen klein an und nutzen beim Start in die Selbstständigkeit die Kleinunternehmerregelung. Doch was genau beinhaltet diese Regelung? Darauf soll der folgende Artikel Antworten geben.
Was ist die Kleinunternehmerregelung?
Hinter dem Begriff Kleinunternehmerregelung verbirgt sich eine Regelung zur bürokratischen und steuerlichen Erleichterung für Unternehmen mit einem geringen Jahresumsatz. Definiert wird sie in § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Sobald sich ein Selbstständiger dafür entscheidet, von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch zu machen, muss er auf seine Rechnungsbeträge keine Umsatzsteuer erheben. Die Regelung gilt allerdings – wie der Name schon andeutet – nur bis zu einer bestimmten Umsatzgrenze.
Welche Vorteile bietet die Kleinunternehmerregelung?
Speziell für Existenzgründer ist es von Vorteil, die Kleinunternehmerregelung zu nutzen. Denn dadurch, dass sie dank dieser Regelung keine Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen müssen, entfällt der Aufwand für die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung. Würde diese von einem Steuerberater erstellt, werden auch Kosten eingespart. Durch die Möglichkeit, Netto-Rechnungen auszustellen, kannst du überdies den ein oder anderen Auftraggeber an Land ziehen, der ebenfalls umsatzsteuerbefreit wirtschaftet und somit die von dir veranschlagte Umsatzsteuer nicht im Vorsteuerabzug geltend machen könnte.
Nachteile der Kleinunternehmerregelung
Natürlich bringt die Kleinunternehmerregelung aber auch einige Nachteile mit sich. Diese sind:
● Ein Kleinunternehmer ist nicht zum Umsatzsteuervorabzug berechtigt.
● Viele etablierte Unternehmer sehen in einem Kleinunternehmer nur eine billige Arbeitskraft. Dass er sein Business trotzdem mit vollem Engagement betreibt, wird nicht selten automatisch aberkannt. Die Meinung, es handle sich nur um einen weiteren Freiberufler, der sich nebenbei etwas dazuverdienen möchte, ist weitverbreitet.
Wann ist die Kleinunternehmerregelung sinnvoll?
Die Entscheidung, die Kleinunternehmerregelung zu nutzen, ist sinnvoll, wenn:
● deine Kunden hauptsächlich Privatpersonen sind.
● du niedrige laufende Kosten hast und nach der Existenzgründung kaum Investitionen tätigen musst.
● du deinem Business nur im Nebenerwerb nachgehst und dir möglichst wenig bürokratischen Aufwand wünschst.
Wann sollten Selbstständige auf die Kleinunternehmerregelung verzichten?
Gegen die Kleinunternehmerregelung solltest du dich entscheiden, wenn:
● du für die Existenzgründung mit hohen Ausgaben und/oder Investitionen rechnen musst. Schließlich kannst du in diesem Fall als umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer durch den Vorsteuerabzug bis zu 19 % Umsatzsteuer erstattet bekommen.
● du mit einer starken Wachstumsphase rechnest, sodass die Umsatzobergrenze für die Kleinunternehmerregelung innerhalb kürzester Zeit überschritten sein wird.
Wie viel darf ich als Kleinunternehmer verdienen?
Wenn du dich für die Kleinunternehmerregelung entschieden hast, darfst du im vorangegangenen Geschäftsjahr bis zu 22.000 Euro Umsatz erwirtschaftet haben (Stand 2022). Im Folgejahr beziehungsweise laufenden Geschäftsjahr sind dann bis zu 50.000 Euro Umsatz möglich. Da es bei Existenzgründern kein vorangegangenes Geschäftsjahr gibt, darfst du in diesem Falle deinen Umsatz schätzen und die 22.000 Euro gelten dann fürs erste Jahr, sprich das Jahr deiner Unternehmensgründung. Sobald einer der beiden Grenzwerte überschritten wird, giltst du vor dem Finanzamt nicht mehr als Kleinunternehmer und fällst unter die Regelbesteuerung. Konkret bedeutet das:
● Überschreitung der Umsatzgrenze im zweiten Geschäftsjahr:
Hast du im ersten Geschäftsjahr beispielsweise 18.000 Euro Umsatz erwirtschaftet und erzielst im zweiten Geschäftsjahr 56.000 Euro, darfst du im dritten Jahr deiner Selbstständigkeit nicht mehr als Kleinunternehmer agieren.
● Überschreitung der Umsatzgrenze im Jahr der Firmengründung:
Überschreitest du bereits im Jahr der Firmengründung die Umsatzgrenze von 22.000 Euro und nimmst beispielsweise 30.000 Euro ein, fällst du automatisch wieder aus der Kleinunternehmerregelung heraus.
Eine rückwirkende Aberkennung des Kleinunternehmerstatus bei einer Überschreitung der Umsatzgrenze im laufenden Geschäftsjahr brauchst du allerdings nicht zu befürchten.
Was passiert nach Überschreiten der Umsatzgrenze?
Sobald du den Kleinunternehmerstatus verlässt, fällst du unter die Regelbesteuerung und musst fortan auf deinen Rechnungen die Umsatzsteuer (19 % Regelsatz, 7 % ermäßigter Satz) ausweisen. Ab diesem Zeitpunkt bist du zudem zur Umsatzsteuervoranmeldung und zu Umsatzsteuervorauszahlungen an das Finanzamt verpflichtet.
Müssen Kleinunternehmer eine Umsatzsteuererklärung abgeben?
Ja, eine jährliche Umsatzsteuererklärung muss auch von Kleinunternehmern erstellt und in elektronischer Form ans Finanzamt übermittelt werden. Nur so kann das Finanzamt überprüfen, ob der Unternehmer tatsächlich Anspruch auf Anwendung der Kleinunternehmerregelung hat.
Wie ermittle ich den Umsatz im Sinne der Kleinunternehmerregelung?
Bei der Umsatzermittlung im Sinne der Kleinunternehmerregelung gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Denn es muss der Gesamtumsatz gemäß § 10 Abs. 1 und 3 UStG errechnet werden. Das bedeutet:
● Im ersten Schritt werden die gesamten Einnahmen des relevanten Geschäftsjahres erfasst. Dazu gehören auch Einnahmen aus der Privatnutzung von Gegenständen.
● Davon werden bestimmte umsatzsteuerfreie Umsätze (nach § 4 Nr. 8i, 9b und 11‑18 UStG) abgezogen.
● Zudem müssen die erzielten Einnahmen um Umsätze aus bestimmten steuerfreien Hilfsgeschäften (nach § 4 Nr. 8a‑h, 9a und 10 UStG) gekürzt werden.
● Im letzten Schritt werden von den Umsätzen Ausgaben für den Verkauf oder die Entnahme von Gegenständen des Anlagevermögens subtrahiert.
Übrig bleibt der Gesamtumsatz nach § 19 UStG. Da die Umsatzermittlung eine ziemlich komplexe Angelegenheit ist, sollte zur Unterstützung ein Steuerberater zurate gezogen werden.
Wie wird ein Kleinunternehmen angemeldet?
Jeder Einzelunternehmer, Freiberufler oder Inhaber einer GbR kann die Kleinunternehmerregelung beantragen. Je nachdem, in welcher Phase der Unternehmensgründung du dich gerade befindest, erfolgt die Anmeldung auf einem von zwei unterschiedlichen Wegen:
- In der Gründungsphase wird entweder bei der Gewerbeanmeldung oder beim Fragebogen zur steuerlichen Erfassung angegeben, dass die Kleinunternehmerregelung gewählt wird.
- Läuft der Betrieb bereits, kann nachträglich mit einem formlosen Schreiben an das Finanzamt ein Antrag auf die Aufnahme der Kleinunternehmerregelung gestellt werden. Darin gibst du an, dass du gemäß § 19 UStG als Kleinunternehmer giltst und dementsprechend steuerlich behandelt werden möchtest. Das Finanzamt prüft dann, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind und die Regelung angewendet werden kann.
Kann ich auch freiwillig auf die Kleinunternehmerregelung verzichten?
Ja, das geht. Möchtest du nicht mehr als Kleinunternehmer gelten, obwohl das aufgrund der Höhe deiner Umsätze noch möglich wäre, genügt ebenfalls ein formloser Brief an das Finanzamt. Darin erklärst du, dass du fortan mit deinem Unternehmen zur Regelbesteuerung optierst.
Kann ich wieder zur Kleinunternehmerregelung zurückwechseln?
Sobald du von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung gewechselt hast, musst du die nächsten fünf Jahre dabei bleiben. Das gilt sowohl bei einem freiwilligen Wechsel als auch bei einem Wechsel wegen zu hoher Umsätze. Erst nach Ablauf dieser Frist kannst du wieder eine Besteuerung nach der Kleinunternehmerregelung beantragen.
Die Kleinunternehmerregelung zusammengefasst
Vor allem kleine Betriebe mit geringen Umsätzen werden durch die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG bürokratisch entlastet. Von der Regelung können alle Selbstständigen und Unternehmen profitieren, deren Umsatz im laufenden Geschäftsjahr maximal 22.000 Euro erreicht und im kommenden Geschäftsjahr voraussichtlich maximal 50.000 Euro. Sie werden dank der Regelung von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Im Gegenzug können sie jedoch keine Vorsteuer geltend machen. Nach der Kleinunternehmerregelung besteuert zu werden, lohnt sich besonders dann, wenn für die Existenzgründung keine großen Investitionen getätigt werden müssen oder wenn die Kunden hauptsächlich Privatpersonen sind. Wer freiwillig auf den Kleinunternehmerstatus verzichtet oder diesen wegen zu hoher Umsätze verliert, kann erst nach fünf Jahren – entsprechend niedrige Umsätze vorausgesetzt – wieder zur Kleinunternehmerregelung zurückkehren.